Dr. Gerald Wischer will auf seinem Biohof eine neue Vermarktungs-Idee umsetzen und sucht Familien, die eine Art Abo für ein Schweinchen übernehmen. Wie er sich das genau vorstellt.
Von Lili Judith Oberle, Allgemeine Zeitung, erschienen am 23. Oktober 2023, PDF hier
GAU-ODERNHEIM. Es quiekt und grunzt im Schweinestall bei Dr. Gerald Wischer in Gau-Odernheim. Seit etwa drei Wochen hat er acht kleine Ferkelchen, vor etwa zwei Wochen kamen weitere acht hinzu. Nun wuseln sechzehn kleine Bunte Bentheimer Schweinchen um die beiden Säue herum, trinken eifrig und spielen im Stroh. Behalten kann und möchte der Bio-Landwirt die Schweine nicht. Zumindest nicht alle. Um sie zu vermarkten, hat sich Wischer etwas Besonderes ausgedacht.
Bio Schweinothek in Gau-Bickelheim
Elf der sechzehn Schweine möchte er wieder an den Hof abgeben, auf dem die beiden Muttertiere aufgewachsen sind, die Bio Schweinothek in Gau-Bickelheim. Die anderen fünf bleiben bei Wischer, werden von ihm und seiner Familie großgezogen. Zusätzlich stellt sich der Gau-Odernheimer vor, Familien für die fünf kleinen Ferkelchen zu finden, die das Tier neun Monate begleiten und anschließend auch das Fleisch bekommen. Eine Art Patenschaft, bei der man sein Paten-Schweinchen natürlich auch besuchen darf, wie Wischer versichert. Ziel sei aber am Ende natürlich auch, dass das Tier im Juli nächstes Jahr geschlachtet werde, erklärt er. Auch wenn es einem dann vielleicht bereits ans Herz gewachsen ist. Dass das am Ende nicht leicht fällt, kennt der Landwirt nur zu gut. „Deshalb geben wir unseren Tieren keine Namen“, sagt er.
Gut haben es die Tiere bei Wischer aber, wie sich im Stall zeigt, in dem die Kleinen herumtoben oder versuchen der Mutter ein Stückchen trockenes Brot zu klauen. Eine Interessentin für eine solche Patenschaft hat Wischer bereits. „Wir denken darüber nach“, meint Dorothee Mierswa, lehnt am Zaun und schaut zu den Kleinen herunter. „Supermarktfleisch gibt es in unserer Familie schon sehr lange keines mehr.“ Vielmehr das Fleisch von regionalen Höfen wie bei Familie Wischer. Schon als die ersten Schweine auf dem Gau-Odernheimer Hof eingezogen sind, habe Mierswa begeistert am Zaun gestanden, sagt sie.
Ganz anderer Bezug zum Tier
„Je früher auch Kinder lernen, dass das Schnitzel nicht aus der Theke kommt und Kühe nicht lila sind, desto besser“, sagt sie ein wenig überspitzt. Man bekomme dann einen ganz anderen Bezug zu einem Tier. Mit ein Grund, weshalb sie die Idee Wischers gut findet. Ein weiterer ist die Vermarktung, denn die Schweine würden so „von Kopf bis Fuß verwertet“. Das wolle man bewusst so, meint Wischer, aus Nachhaltigkeitsgründen und damit man auch merke, dass ein Schwein etwa nicht unzählige Filetstücke habe. Wie man sich das Schwein letztendlich aufteile, ist aber jedem Paten selbst überlassen. Auch, ob man gerne bei der Schlachtung dabei sein möchte. Möglich sein soll es auch, dass sich etwa zwei Familien die Patenschaft für ein Tier teilen. Und somit auch die Kosten.
Die liegen pro Tier bei etwa 170 Euro im Monat. Bei etwa neun Monaten wäre man dann bei einem Preis von 1500 Euro insgesamt und am Ende bei etwa 20 Euro pro Kilogramm Fleisch, rechnet Wischer. Ein durchaus fairer Deal, wenn man die Haltung mit Stall, Futter, Tierarzt- und Schlachtkosten betrachte, meint er. Der Kunde müsse am Ende dann jedoch selbst entscheiden, wie das Fleisch zerlegt und verarbeitet werden soll, und dies entsprechen noch bezahlen.
Derzeit wiegen die Schweinchen etwa fünf Kilogramm, schätzt der Landwirt, bis in neun Monaten werden sie also noch etwa 70 Kilo zugenommen haben. Kastriert wurden die Jungen bereits. Dafür habe er alle elf Schweine zum Tierarzt gebracht. Allerdings nicht ohne lautes Quieken auf der Hinfahrt vor der Narkose. Zurück sei es dann leiser gewesen. Am Tag nach der Kastration sieht man kaum noch etwas, die Kleinen sind quietschfidel im Stroh unterwegs. Und die Mütter sind im Moment dementsprechend noch sehr vorsichtig, erklärt Wischer und zeigt auf die Sau, die mit ihrer Nase das Stroh zur Seite schiebt, um zu schauen, ob noch ein Kleines darin liegt, bevor sie sich hinlegt und die Ferkel beginnen können zu trinken.
Für zwei Wochen getrennt
Etwa sechs Wochen sollen die jeweils acht kleinen Ferkelchen bei ihrer Mutter bleiben. Dann würden sie getrennt, damit die Säue sich wieder erholen könnten und die Kleinen sich auch an das „normale“ Futter gewöhnen: zunächst spezielles Ferkelfutter, dann Grünes wie Luzerne, Getreidemischungen, Kartoffeln und Biertreber. Die Mütter sollen dann auch wieder zunehmen, denn im Moment fordern die kleinen Schweinchen ihre gesamte Energie. „Die sind dann vom Säugen ziemlich dünn“, weiß Wischer. Nach etwa zwei weiteren Wochen dürfen sie dann aber wieder zusammen und bleiben es auch, bis sie in neun Monaten geschlachtet werden.
Wichtig sei Wischer dabei vor allem auch die gute Verbindung zur Bio Schweinothek. Mit ihnen habe er vorher seine Vermarktungsidee besprochen, sagt er. Schließlich wolle er dem Betrieb auch nicht in die Quere kommen, ganz im Gegenteil: Viel mehr wolle er als Biohöfe in guter Nachbarschaft für die Tiere und Nachhaltigkeit arbeiten.